Eiszeiten


Richtige Frauen haben was? Korrekt, permanent kalte Füße. Unter diesem Aspekt bin ich definitiv eine richtige Frau. Ich friere ständig. Meine Füße sind immer kalt, und auch meine Hände sind bekanntermaßen so eisig, dass meine Kinder schon panikgeweitete Augen bekommen und zurückweichen, wenn ich auf sie zukomme. "Bitte, Mama", murmelt der Rote und hebt abwehrend seine immer wohl temperierten Jungshände, "sicher haste wieder Eisfinger!"
Jo, hab ich. Und das macht mich oft sehr einsam. Was ich den Kindern auch gern in epischer Breite mitteile. Habe ich sie nicht gelehrt, tolerant und hilfsbereit zu sein? Kann man dann seiner greisen Mutter nichtmal bitte eben die Pfoten auf Zimmertemperatur bringen? Statt zurückzuschrecken, als sei sie Freddy Kruger's Schwiegeroma?

Während meine Tochter sich zunehmend dem weiblichen Status der dauergefrosteten Extremitäten annähert (wir können stundenlang beim Fernsehen unter einer Decke hocken, ohne auch nur einen lauwarmen Fuß aufzuweisen. Dafür besitzen wir ein stetig wachsendes  Arsenal an dicken, nutzlosen Socken ...), verharrt der Sohn des Eispalastes in männlichem Unverständnis. "Wie machste das nur mit deinen Fingern?"  fragt er ein ums andere Mal und guckt, wie Männer eben gucken, wenn sie mal wieder was nicht kapieren. 

Ja, meine Güte, wie soll ich das denn jetzt wissen? Der kann Fragen stellen. Mannmannmann! Ich habe kalte Hände und Füße ... das passiert einfach. Das ist so.

Hin und wieder entwickelt das gute Kind daraus auch für ihn vielversprechende Geschäftsideen. Ich könne im Bofrost-Wagen mitfahren, die Ware mit meinen Mutantenhänden kühl halten und das so gesparte Geld für die Tiefkühlanlage kassieren, schlägt er vor. Oder ich könne eine Kunsteisbahn betreiben. Wir würden nur ein paar Eimer Wasser, ein Zeltdach und meine Hände benötigen. 
Letztens wollte er einen alten VW Bus erstehen und mit meinen Händen und mir als Eisverkäufer auf Reisen gehen. Links Vanille einfrieren, rechts Stracciatella. Oder so. Die Füße, wohl verpackt in Plastiktüten, und dann den einen in Banane und den anderen in Schlumpf.
Das war, als Schule mal wieder am mentalen Nullpunkt angekommen war und die Physikarbeit vergeigt.
Ja ... 
So recht überzeugt hat mich bislang nichts. Und der Rote bemängelt auch sowieso die fehlende Größe meiner Hände und Füße. "Eigentlich kannste mit denen nicht wirklich was reissen", mault er rum.

Etwas gibt es allerdings (oder eher jemanden), das (oder der) sogar meinen Händen und Füßen Leben einhaucht und sie warm kriegt ... aber das ist meine Privatsache. Und genau deswegen betreibe ich keine Kunsteisbahn. :-)




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