Suchanfragen


Ich habe in jugendlichem Leichtsinn viele glückliche und unbeschwerte Jahre lang wirklich geglaubt, dass manche Dinge mich niemals ereilen würden. Zum Beispiel Wortfindungsstörungen, das Suchen von Kleingeld an der Kasse im Supermarkt, der Blick meiner Kinder, wenn ich zugebe, dass ich etwas akkustisch nicht verstanden habe ... oder eben das Tragen einer Lesebrille. Das erschien mir immer als das Nonplusultra von Omma sein. Brille am Band. Um den Hals getragen. Um meinen Hals. Der schnürt sich jetzt noch eisern zu, wenn ich nur daran denke und sich vor meinem inneren Auge unweigerlich ein Bild erhebt, ein schlimmes Bild, ein Ommabild von mir.

Diese Neurose hat zur Folge, dass meine Brillen quasi freilaufend sind, also nicht an einer Kette hängen - und deswegen ewig verschwunden sind. Alle!
Irgendwann bin ich nämlich dazu übergegangen, mir viele von diesen bunten, billigen Sehhilfen gleichzeitig zu kaufen und sie an strategisch wichtigen Stellen zu positionieren. Handtasche, Auto, Bett, Küche (am besten gleich zwei), Bücherregal Esszimmer, Bücherregal Wohnzimmer, auf dem TV Programm und auch im Bad. So ähnlich jedenfalls. Die Brillen sind rot oder violett oder gepunktet mit Strass oder auch durchsichtig schlicht - vor allem aber sind sie eins: immer verschwunden. Ehrlich!

Mutter, sagt der Sohn, die sind nicht verschwunden, deine Brillen, die sind verlegt und zwar von dir. Setz die Brille auf und suche, so wirst du finden. Und dann lacht er sich schlapp. Über mich, seine greise Mutter. Das ist nicht schön. Zumal durchaus auch Lesebrillen ganz und für immer verschwinden können. Ich habe einige Modelle niemals wieder gefunden. Das mit dem bunten Blümchen, zum Beispiel, es gab sogar ein passendes Etui dazu. Das ist natürlich noch da. Ich kann es in die Hand nehmen, es ansehen und meine Blümchenbrille vermissen. Die war wirklich hübsch. Das leere Etui lege ich, sentimental wie ich bin, in die Pappschachtel im Kleiderschrank zu den magischen Einzelsocken und der Fernbedienung, die angeblich alle Geräte gleichzeitig schalten kann. Bei mir nicht, mich macht die nur vollkommen wahnsinnig. Aber das ist eine andere Geschichte ...

Mama, sagt die Tochter zum selben Thema, jetzt häng die verdammten Dinger doch an ein Band, macht auch keinen Unterschied. Sie ist jung, sie versteht es nicht. Es macht einen riesigen, alles entscheidenden Unterschied. Denn wenn ich keine Lesebrille brauche, baumelt sie nicht an mir rum und alle denken, ich sei noch so jung, dass ich keine Unterstützung beim Entziffern von Botschaften brauche. So sieht das aus!






2 Kommentare:

  1. der schmunzler des tages! danke dafür, ulla :)
    liebe grüße von der greisen r00t

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  2. Genial geschrieben, ich habe Tränen gelacht. Vielleicht auch weil ich mich in dem Bericht selbst wiedererkannt habe. Und meine Mann gleich mit. Wir haben unsere Sehhilfen eigentlich immer gesucht. egal ob Brillen oder Kontaktlinsen. Und meistens lagen alle am gleichen Ort, oder aber auf der Stirn

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