Müde


Wenn ich müde bin, dann bin ich müde. Sehr müde meistens. Sehr sehr müde. Zum Erstaunen und zur großen Freude meiner Kinder schlafe ich auch überall in Sekundenbruchteilen ein. Gemütlichkeit ist keine Bedingung. Es muss nur etwa zwei Sekunden niemand was mit mir machen. Schon ist es passiert. Ich schlage mit dem Kopf auf den Tisch oder kippe auf dem Sofa um.

Das Furchtbarste ist mir mal im Theater passiert. Mitten in einem unsäglich langweiligen Schauspiel hatte ich einen blackout und erinnere mich erst wieder ab dem Punkt, an dem mein Sitznachbar zu klatschen begann. Das habe ich gespürt, weil ich platt mit meinem Gesicht in seinem Schoß lag und fest geschlafen hatte.
Ich kannte den Mann überhaupt nicht, habe ihn vorher niemals gesehen. Aber ich hatte über eine halbe Stunde friedlich auf ihm geruht. Es war so unglaublich peinlich. Ich kann mich nicht einmal mehr erinnern, was ich gemurmelt habe, bevor ich geflüchtet bin. Sehr wahrscheinlich war es etwas reichlich Blödes. Aber ich konnte die Situation ja wieder mal sowieso nicht schlimmer machen …

Meine Tochter vermutet, ich sei dauerhypnotisiert, weil kein Mensch so sein kann. Na ja, ich schon! Viele Dinge machen mich einfach müde. Auch manche Menschen. Oder Filme. Filme erschöpfen mich sehr schnell, weil ich sie langweilig finde. Es stört mich nicht, wenn ich nach 30 Sekunden weiss, wer wen „kriegt“. Da bin ich schlicht gestrickt. Aber es bringt mich unweigerlich zum Erliegen, wenn stundenlang von Problemen geredet und über Missverständnisse gestolpert wird … komische, oberflächliche Missverständnisse sind ok. Aber so richtige – die machen mich müde. Und schon verliere ich das Bewusstsein.

Mein Sohn hat schon mit einer Stoppuhr neben mir gesessen, um in Millisekunden messen zu können, wie schnell diese Art von Koma eintritt. Seitdem behauptet er, das müsse die NASA mit Spezialgeräten übernehmen. Er habe nichtmal die Zeit gehabt, den Startknopf zu drücken.

Und genau deswegen höre ich an dieser Stelle auf zu schreiben. Bevor mir die Geschichte langweilig wird …

Ach ja, einen großen Vorteil hat das Ganze. Wenn ich wach bin, bin ich richtig wach! Weil ich immer ausgeschlafen bin.



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