TupperTiger


Im Rahmen meines gesellschaftlichen Resozialisierungsprogrammes habe ich vor einiger Zeit die Einladung meiner Nachbarin zur ersten Tupperparty meines Lebens angenommen. Ich bin schon oft in den letzten Jahren zu einem dieser Ereignissen eingeladen worden, habe mich aber immer davor gedrückt.
Doch jetzt ich will mich bessern. Also bin ich gestern abend "über die Straße" zum Tuppern gegangen.

Die Beraterin, eine überaus adrett gekleidete, sehr eifrige junge Dame mit nettem Tuch um den Hals, brachte Gastgeschenke mit. Es schien eine Art Bounty ohne Zucker und Schokolade zu sein ("Das ist sooo lecker, und wir Mädels wollen ja nicht dick werden!"), also quasi ohne Bounty, aber wirklich hübsch verpackt. Vielleicht war es auch gar kein Bounty, sondern auch aus Tupper, ich weiss es nicht. Ich werde lieber von was dick, das auch lecker ist.

Alle Gäste (110% weiblich) rutschten unruhig auf dem Sofa und den Klappstühlen herum. Sie unterhielten sich über das effiziente Aufrollen von Kochschinken, damit er - ansprechend für´s Auge und, ohne Luft dazwischen, in der Tupperware zu liegen komme.

Was dann kam, hat sich auf ewig in mein Gehirn gebrannt. Ich könnte seitenweise diese Welt beschreiben, beschränke mich aber auf ein paar besonders attraktive Details.
Also, in den Dosen namens Prima Klima hält sich Feldsalat eklatant gut und auch Paprika bleibt bissfest. In der Pengschüssel (definitiv keine Selbstschussanlage) macht man Teig und backt ihn anschließend lecker goldbraun im Silikon König. (Hier handelt es sich nicht um den „Oscar“ für den Schönheitschirurgen mit den interessantesten OP-Ergebnissen, sondern um eine knallrote Gummibackform.)
Dann gibt es noch eine blaue, knetbare, gummiartige Kugel mit aufsetzbarer Schraubtülle. Die Kugel heisst Mozart und mit ihr kann man Frischkäse oder Sahne dekorieren.
(Also, ich meine, man sprüht so Häufchen. Diesen Drang hatte ich, zugegebenermaßen, bisher nie. Aber der Himmel allein weiss, wie erfüllt mein Leben mit dekoriertem Streichkäse gewesen wäre. Vielleicht kommt ja daher dieses sich hin und wieder aufdrängende Gefühl der Leere.)

Besonders gefielen mir auch noch Ilja und Rogoff. Eine Knoblauchpresse und ein Knoblauchpeller.
Nicht vergessen möchte ich auch den Dosenöffner, der Dosen so dezent öffnet, dass man meint, sie seien noch zu. Okay, mir war jetzt auch hier wieder nicht sofort klar, warum das wichtig ist. Wenn ich eine Dose öffne, esse ich was drin ist und stopfe sie dann in den gelben Sack. Nun nehme ich an, dass auch hier ein Umdenken stattfinden muss - kann ja sein, weil das an diesem Abend viel zitierte Auge wieder mitisst. Wobei ich ja wiederum nicht aus der Dose ... aber vielleicht, wenn man sie stehenlassen möchte, nur so als echten Hingucker. Dann sieht das mit einem unsichtbaren Rand natürlich wesentlich attraktiver aus, als mit so einer ekeligen, unsauberen Schnittkante.

Und es ging zügig weiter!
Interessant und lehrreich war die heftige Debatte darüber, dass die wirklich großen Eier vom Eiermann nicht in Kolumbus passen. Kolumbus ist eine blaue, sehr beliebte 10-er Aufbewahrungsbox für Eier (die man in gelb auch als Duo Infernale kaufen kann ... Nein, das ist jetzt gelogen.)
Und dann kam die Tupper-Bibel zum Einsatz. Die heisst wirklich so. Ob es ein altes und ein neues Testament gibt, weiss ich nicht. Aber es steht drin, was man darf und was nicht. Und wie es in dunkler Vorzeit tupperlos zuging.

Irgendwann, bevor die Diät-Pizza auf den Tisch kam, habe ich mich heimlich weggeschlichen. Wie der Antichrist.
Aber die Frage, ob sich innen in Kochschinkenröllchen tatsächlich kein Sauerstoff befindet, lässt mich nicht mehr los.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen