Geduldsfäden


Ich bin nicht unbedingt geduldig. Weil ich, sozusagen, keine Geduld habe. Ich gebe es zu. Aber meine Beste kann nicht anders. Und DAS ist dann auch was ganz was anderes. (Geduld mag sie nicht, die kommt direkt gleichauf mit Wagen durch's outlet schieben.) Und man kann auch gleich tot sein, wenn man ewig und immer und überall warten muss!
Man sollte eine Schämgrenze weit oberhalb des Himalaya haben, wenn man mit ihr in einem Geschäft überleben will.

Steht jemand zu dicht hinter ihr an der Kasse und drängelt, schafft sie etwa drei Sekunden, dann dreht sie sich um und sagt freundlich: "Noch einen Schritt nach vorn, und Sie tragen meine Kleidung!" Kann aber auch, stets begleitet von einem überaus fröhlichem Lächeln, ein nettes „Gehen Sie ruhig vor. In Ihrem Alter hat man sicher immer Angst, nicht mehr lebend aus dem Laden zu kommen!“ sein.
Das sind die guten Tage. Erwischt man einen schlechten, kann es durchaus auch etwas klarer in der Wortwahl sein, was sie von sich gibt.
Sie ist auch schon an einem Zebrastreifen, an dem sie stand, um eine Oma die Straße überqueren zu lassen, aus ihrem Wagen ausgestiegen und hat dem Herrn, der hupend im Wagen hinter ihr saß, beschieden, er möge die alte Dame doch bitte selber umfahren, ihr sei gerade eben nicht so recht danach.
Oder die Kundin an der Käsetheke - die hat sie gebeten, mit ihren unsäglichen Brüsten doch bitte jemand anderen in die Hüfte zu pieken. (Zum Glück hat wohl ausser mir niemand die zusätzliche Spitze mit der Hüfthöhe mitbekommen!)

Ich hingegen bin, im direkten Vergleich,  sehr geduldig. „Ja klar“, hat die Beste beim Vorablesen dieser Geschichte gesagt und schweigend auf die Beule in der Spülmaschinentür gedeutet. „Das ist Jähzorn, das ist was anderes“, hab ich ihr erklärt. „Oh“, hat sie gegrinst, „und Jähzorn kommt erst in der nächsten Geschichte, ja?“

Wenn sie bis dahin warten kann – vielleicht!





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