Bettgeflüster




 Mein Sohn hat sein Bett zerlegt. Fein säuberlich. In mehrere, unterschiedlich große Teile. Und mitten im Lattenrost fehlen vier Latten. Alles war ein Versehen. Oder die Euphorie, bei Skyrim gelevelt zu haben.

Eigentlich ist es auch egal, das Bett ist in jedem Fall im Eimer, und das Kind liegt nun mit der Matratze auf dem Parkett und klagt, dass nachts immer das Kopfkissen hinten runterfällt. Ja, tut es. Als er noch ein Bett hatte, hatte er auch ein Kopfteil. Jetzt nicht mehr. Er ist nun in jeder Hinsicht ein Level weiter! Sozusagen. "Du bist NICHT komisch, Mama", raunzt er. Find ich doch!

Aber natürlich wäre ich nicht die gute Mutter, die ich zu sein versuche, wenn ich nicht alles versuchen würde, das Bett wieder in einen benutzbaren Zustand zu versetzen. Und wozu hat man einen großen Freundes- und Bekanntenkreis? Ich kenne einen Schreiner. Der muss das Bett inspizieren, sagen, ob es tot ist oder geheilt werden kann.
Diagnose, es muss neu geleimt werden. Keine große Sache. Haha. Bei uns ist alles eine große Sache. Und nichts geht den direkten, schlichten Weg. Aber zunächst wird das gelevelte Bett abgeholt und kehrt, nach nur einer Woche, geleimt heim. Natürlich in Einzelteilen. Sonst wäre es ja auch zu einfach.

Mein Sohn nimmt das Kopfteil, ich das Fußteil, wir stehen uns gegenüber, und es stellt sich die Frage, wer denn jetzt die zwei Meter langen Seitenteile einsetzt, während wir hier stehen. Der Rote entscheidet sich für eine sehr interessante Lösungsvariante. Er richtet sein Kopfteil senkrecht aus, lässt es los und sprintet. In der Hoffnung, er ist mit einem Seitenteil wieder da, bevor das andere Ding umfällt. Klappt nicht. Ist nur laut, und ich habe vor Schreck das Fußteil auch noch fallen lassen. "Scheisse", knurrt der Knabe. (Er kann sehr pragmatisch sein.)
Der nächste Versuch ist besser. Ich halte das Kopfteil, er hängt beide Seitenteile ein, um dann das Fußteil anzufügen. Theoretisch. Denn wir merken jetzt auch schon, dass alle Holzdübel fehlen. Wir lassen genervt alles los (es kracht wieder unfassbar laut, als sämtliche Holzteile auf den Boden aufschlagen) und fahren zum Baumarkt. Dort erkennen wir, dass wir eigentlich keine blasse Ahnung haben, wie groß diese Dübel sein müssen. Wir kaufen vier Tüten mit vier Größen, weil wir die Schnauze mittlerweile gestrichen voll haben und nichts mehr riskieren wollen.

Wieder zuhause schlägt mein Sohn die Dübel mit der bloßen Hand in die entsprechenden Löcher, er ist misslaunig. Dann gehen wir wieder nach demselben Prinzip vor ... ich halte das Kopfteil, er steckt ineinander. Klappt auch schon im vierten Anlauf. Bis dahin hat es so oft tinnitusauslösend gekracht, dass ich total sauer bin und nur noch keife wie ein Fischweib. Und auf meine Lieblingslesebrille bin ich auch getreten. Warum immer die am Boden lag!
"Imbusschlüssel", krächzt mein Sohn. Ah, das neue Schlagwort. Wir haben nämlich keinen. Wir hatten, das weiss ich. Der lag auch auf der Fensterbank, zum wieder zusammenschrauben, wenn das geleimte Bett wieder da ist. Aber da ist kein Imbus mehr. Nirgendwo ist einer. Die Einzelteile krachen zu Boden, wir stampfen schweigend zum Auto, um bei Thomas, dem Outlet-Fänger, einen Satz Imbusschlüssel zu leihen.

Abends sitzen wir auf dem fertigen und sehr stabilen Bett, teilen uns eine Pizza und sind sehr stolz auf unsere Leistung!



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