Weiber-Flash


In regelmäßigen Zyklen unterliegen meine Tochter und ich dem Zwang, bei uns zuhause optisch etwas verändern zu müssen. Es ist ein Urtrieb, glaube ich, wie Schuhe kaufen, mit Parfüm rumsprühen, kichern und schlechte Filme mit viel Liebe drin gucken. Und dann streichen wir Wände, rücken Möbel und schrauben Regale ab oder tauschen Lampen aus.

Alles muss anders werden. Neu und schön und so, wie wir es uns vorstellen. Da wir uns aber immer wieder was anderes vorstellen und das dann ausprobieren wollen, werden wir nie wirklich fertig.
Und mein Sohn stolpert über Möbel, die sich, seiner Meinung nach, vorher immer am exakt richtigen Platz befanden, nämlich da wo er nicht drüber stolpert. Und dann verschwinden sie einfach über Nacht!
Und er steht da, vor dem schwarzen Bücherregal im Esszimmer und sucht das Schubfach mit Kugelschreibern, Minen, Radiergummis, Linealen, Füllerpatronen, Geo-Dreiecken und Ersatz-Zirkeln … die sind nämlich immer unten links in der Schublade im alten Uroma-Johannette-Sekretär, der aber jetzt gegenüber an der Wand steht. Da, wo bis gestern das Regal war. (Dass das Regal keine Schubfächer hat, ist ihm nicht aufgefallen.)
Den ganzen Tausch hat er nicht bemerkt. Is klar …

Manchmal, sagt mein Sohn, manchmal kommt er rein und denkt, er ist im falschen Film. Weil plötzlich eine Wand lila ist oder himmelblau. Veränderungen sind nicht so seins. (Er nennt das Weiberscheisse. Ich schreib das mal irgendwie ganz klein. Aber er nennt es nunmal so …) Männer machen, genetisch bedingt, alles korrekt, sagt er, aber immer hübsch eins nach dem anderen. Also kann er nicht reinkommen und direkt wahrnehmen, dass er nicht nebenan bei der spirituell aktiven älteren Dame im Beaudoir steht, sondern daheim im Flur und der hat jetzt eine lila Wand … dann ist Mann verwirrt, und das trägt nicht zum Wohlfühlen bei. Sagt mein Sohn. Und atmen muss er ja auch noch. Oder die Jacke ausziehen. Die hängt er aus Versehen an die neue Pflanze – weil da gestern noch ein Kleiderständer war. Ja, direkt daneben. Aber das sieht er nicht.

Wir schieben und räumen trotzdem fröhlich weiter. Das hilft auch gegen Cellulitis, meint meine Tochter. Weil es wie Training ist. Und kosten tut es auch nichts. Falsch, kontert mein Sohn, es kostet durchaus was, nämlich Nerven und zwar seine und auch Farbe, Pinsel und Blumenpötte. Also kostet es nicht nichts, es ist umsonst. Und zwar vollkommen … in seinen Augen.

Ich glaube, am Wochenende streichen wir mal in meinem Zimmer. Ich habe da so eine Idee. 


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