Mama schäumt


Ich liebe meine Badewanne. Die Tür zum Bad verschlossen, ein Buch, ein bisschen Schokolade (Milka Kuhflecken) oder viele weisse und orangene Gummibärchen. Das ist der Himmel in bahamabeige. Ja, ok, ich gebe es zu, genau wie mein Auto ist auch die Optik meines Badezimmers leicht betagt. Aber das stört mich nicht, ich sehe sozusagen, darüber hinweg.

Am meisten mag ich den Schaum, wenn er sich richtig hoch oben auf dem Wasser türmt. Und riechen muss er gut und das jedesmal anders. Lavendel, Orange, Afrika (ja, gibt es als Geruch, Europa übrigens auch), Rose (meistens mein Favorit) oder Gras …
Die Fensterscheiben im Bad müssen beschlagen sein, die Handtücher riesig. Mama macht wieder den Puff aus dem Morgenland, sagt mein Sohn, politisch ganz unkorrekt.

Jedenfalls liege ich irgendwann im Wasser, der Schaum bedeckt dezent die ein oder andere nicht ganz so perfekte Passage meines Körpers und lässt mich in dem Glauben, alles sei an Ort und Stelle. Nichts stört meine Kreise, es ist vollkommen ruhig, wenn ich nicht selber Radau mache. Und das habe ich ganz sicher nicht vor. Nicht hier, nicht jetzt, nicht im Mekka der Wärme und der guten Gerüche. 

Versonnen betrachte ich meine Nägel, die momentan mal wieder in meinem Lieblingsknallrot schillern. Hach, das ist das Leben. Meine Gedanken schweifen zu immens wichtigen Themen. Bleibe ich bei diesem Rot oder nehme ich mal wieder schwarz? Zieh ich nachher den Jeansrock an oder den mit den Blümchen? Haben Gummibärchen eine Seele? Musste für meine Milka Kuhflecken Schokolade eine Kuh sterben?

Ich lasse schnell nochmal heisses Wasser nachlaufen. Das macht warm und erhöht den Schaumberg. Wie schön!

Niemand quatscht mich voll, niemand will, dass ich eine Entschuldigung für die Schule schreibe, den Autoschlüssel suche, Brote schmiere, Pflaster klebe, Ratschläge gebe, Kontoauszüge ansehe, Haare zu etwas besonderem flechte, Chucks wiederfinde, den Vogel füttere, mein schwarzes Top verleihe oder, alternativ, das Graue schnell noch eben wasche. Ich muss den Müll nicht rausbringen und nicht mit Oma telefonieren, niemand guckt über meine Schulter in mein Buch, liest ein paar Zeilen laut vor und wirft sich dann laut gackernd zu Boden. "So einen Scheiss liest du, Mama? Schäm dich!"

Nein, Mama schämt sich nicht, Mama schäumt. Mindestens zweimal pro Woche. Und in diesen magischen Momenten ist alles möglich …


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